Heute kommt der nächste Teil unserer „Outfit of the day“ Reihe. Diesmal zeigen wir die Alltagskleidung einer mittelständischen Statdbürgerin.
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Kleid
Das hier gezeigte Kleid ist die typische Form für das ausgehende 13. Jahrhundert. Die Ärmel sind oben weit und unten eng und sind in eine Armkugel eingesetzt. Dies ist für das späte 13. schon sehr typisch und absolute Pflicht, wenn man ein modisches Kleidungsstück herstellen möchte. Bei einfachen Kleidern gibt es aber auch noch die überschnittenen Schultern.
Am Handgelenk sitzen 5 kleine Knöpfe, was um 1300 noch eine modische Neuheit ist. Da meine Bürgerin aber in einer Stadt lebt und somit die neuesten Trends schnell erfährt habe ich die Knöpfe für dieses Kleid gewählt.
Der Rock ist natürlich überlang, denn die Überlänge war, auch wenn es öfters anders gesagt wird, absoluter Standard in dieser Zeit. Selbst bei einfachen Arbeiterkleidern sieht man häufig eine gewisse Überlänge, auch wenn die Kleider öfter über den Gürtel geschoppt werden, damit man beim Arbeiten nicht auf den Saum tritt. Durch die Überlänge liegt das Kleid auf dem Boden auf und unterstützt den typischen Faltenwurf des Rocks.
Der feine Wollstoff wurde mit Krapp zwei Mal gefärbt und ist leuchtend rot. Eine doppelte Färbung war aufwendiger und teurer als eine einfache Färbung und zeigt auch hier, dass meine Bürgerin keine arme Frau ist.
Vorbilder für Kleider dieser Art:
St Maria im Kapitol, ca 1280, Köln
Figuren am Straßburger Münster, spätes 13. Jahrhundert
Die Heimsuchung, Ende 13. Jahrhunder, Freiburger Münster
Synagoge, Ende 13. Jahrhundert, Freiburger Münster
Elisabeth, Mitte 13. Jahrhundert, Mauritiusrotunde Konstanz
Funde:
Kleid der heiligen Klara (vor 1250)
Kleid der heiligen Klara (vor 1250)
Kleid der heiligen Elisabeth (vor 1230, Schnittprinzip)
Unter dem Oberkleid wird noch ein zweites Kleid getragen. Dieses Kleid entspricht vom Schnitt dem darüber, allerdings ist es nicht ganz so lang und weit und hat keine Knöpfe an den Ärmeln. Dieses Kleid ist kein Unterkleid, sondern eine zusätzliche, zweite Schicht, um besser vor Kälte zu schützen.
Es war bereits im 13. Jahrhundert (und vermutlich auch schon früher) üblich, mehrere Kleiderschichten übereinander zu tragen. Dies legen nicht nur Bildquellen nahe, sondern auch Textquellen. Auch die Mode der Surcots zeigt uns, dass es üblich war, über das Kleid noch ein zweites zu ziehen. So ist der Surcot lediglich eine modische Abwandlung dieser Praktik.
Vorbilder für 2 Schichten Kleider
Die Klugen Jungfrauen, Ende 13. Jahrhundert, Freiburger Münster
Figurengruppe, Ende 13. Jahrhundert, Freiburger Münster (3. Person von Links)
Die Geometrie, Ende 13. Jahrhundert, Freiburger Münster
Ende 13. Jahrhundert, Straßburger Münster
(Falls sich jemand fragt, woher ich weiß, dass das untere Kleid kein Unterkleid ist, wo die Figuren doch teilweise unbemalt, bzw. die Bemalung nicht original ist: Natürlich kann ich nicht mit abschließender Sicherheit sagen, dass dies keine Unterkleider sind. Ich bin aber zu 99% positiv, dass dies nicht so ist, da es absolut unüblich, wenn nicht gar verpönt war, sein Unterkleid zu entblößen. Das wäre in etwa so gewesen, wie sich heutzutage auf der Straße das T-Shirt hochzuziehen und den BH zu zeigen.)
Fürspan
Um das Kleid oben zu verschließen, wird ein Vierpass-Fürspan aus Bronze benutzt. Der Fürspan an sich ist nicht sehr aufwendig, allerdings ist er aus Bronze, welches ein relativ hochwertiges Material. Auch dieses Detail zeigt, dass meine Bürgerin zur wohlhabenderen Schicht gehört.
Für die Form dieses Fürspans gibt es verschiedene Vorbilder, wie Abbildungen an Statuen und einem Fund aus Kent in England.
Statue an der Straßburger Kathedrale
Figur an der Frauenkirche in Kopenhagen (ca 1250)
Fund aus Kent (vermulich Mitte 14. Jahrhundert)
Fund aus Norfolk (13.-14. Jahrhundert)
Funde im Victoria & Albert Museum (1200-1300)
Ähnliche Formen gab es auch im Fundkomplex von Fuchsenhofen und weiteren Funden
Schleier
Der Schleier ist aus feiner Wolle und halbrund zugeschnitten. Es gibt verschiedene Versionen einen halbrunden Schleier zu tragen, so wie in meinem vorherigen Outfit of the day: Einfache Arbeiterin oder eben mit der Runden Seite nach oben wie hier.
Belege für diese Tragweise gibt es viele. Belege für das Material leider eher weniger. Da wir auf Abbildungen das Material von Kopfbedeckungen nicht erkennen können, kann man von Leinen, Seide oder eben auch Wolle ausgehen. Funde von Seidenfragmenten die zu Kopfbedeckungen gehörten gibt es (beispielsweise die Villacher Funde), für Leinen und Seide finden sich zumindest spärliche Textbelege. Alle Materialien sind denkbar. Der Vorteil von Wolle ist, dass es bei kühleren Temperaturen warm hält, im Sommer wäre natürlich Leinen angenehmer. Mehr dazu findet ihr in Gerdas Beitrag und in der verlinkten Diskussion.
Vorbilder für Halbrunde Schleier
Die Weisen Jungfrauen, spätes 13. Jahrhundert, Straßburger Münster
Figur, Naumburger Münster, Mitte 13. Jahrhundert
Codex Manesse, Anfang 14. Jahrhundert
Mitte bis Ende 13. Jahrhundert, Meissener Kathedrale
Straßburger Münster, Ende 13. Jahrhundert
Madonna, Ende 13. Jahrhundert, Paris
Weiteres
Die Strümpfe sind aus Wolle genährt und mit Reseda gefärbt.
Die Schuhe sind nach einem Fund aus Schleswig und ein typisches Modell, welches fast im ganzen Hoch- und Spätmittelalter getragen wurde. Da es Alltagsschuhe sind, ist es eine einfache Form. Das Material ist Rindsleder.
Runneburg, Mitte 13. Jahrhundert
2 Gedanken zu “Outfit of the day: Alltagskleidung Stadtbürgerin”
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