Ein Ausflug zum Kloster Maulbronn

„Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich irgendwo eine Andere“, sagt ein berühmtes Sprichwort. Und da sich für uns die Türe zum Historia Mundi am vergangenen Wochenende aufgrund von akuter Überflutung und damit der Absage der Veranstaltung geschlossen hatte, entschlossen wir uns kurzerhand, die neu gewonnene Freizeit für einen Ausflug zum Kloster Maulbronn zu nutzen.

Dies ist eine Klosteranlage, die in der Mitte des 12. Jahrhunderts auf einem fruchtbaren Gebiet zwischen Schwarzwald und Kraichgau gegründet wurde. Es war ursprünglich eine  Zisterzienserabtei, welche heutzutage als die besterhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen gilt.

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Große Teile der Anlage wurden im späten 13. bzw. frühen 14. Jahrhundert erbaut, wodurch die eindrucksvolle Anlage auch für die Recherche zu den Hintergründen unseres Darstellungszeitraumes viele interessante Details in sich birgt.

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So sind zum Beispiel die Fenster des Kreuzganges ein interessantes Beispiel für die sich im 13. Jahrhundert verändernde Architektur. Während die Fenster auf der Nordseite des Kreuzgangs, errichtet im späten 12. Jahrhundert, noch im romanischen Stil gebaut wurden, sind die Fenster der Ostseite im frühgotischen Stil mit Bündelpfeilern gehalten. Die Fenster der Süd- und Westseite wurden erst im späten 13. Jahrhundert im hochgotischen Stil errichtet und haben einfache Pfeiler.

 

Das besondere an diesem Kreuzgang ist auch, dass er komplett verglast war. Das Fensterglas wurde erst im 19. Jahrhundert von einem baden-württembergischen Adeligen entfernt, der es für einen neugebauten Prachtbau verwendete. Leider sind uns der genaue Name und Zeitpunkt der Entfernung nicht bekannt. Auch konnten wir nicht herausfinden, aus welcher Zeit die Verglasung stammt. Es ist aber anzunehmen, dass die Glasscheiben im frühen 14. Jahrhundert angebracht wurden, da die steinernen Nasen und Löcher an den Fenstern scheinbar aus derselben Zeit stammen.

Ebenfalls wunderschön ist der gotische Kapitelsaal und das frühgotische Herrenrefektorium. Im Kapitelsaal wurde den Mönchen jeden Tag ein Kapitel aus ihren Ordensregeln vorgelesen. Die Zisterzienser waren ein sehr strenger Orden; die Mönche hatten in Armut zu leben und bei ihrer täglichen Arbeit in Demut zu schweigen. Selbst beim Essen durften sie nicht reden, da ihnen von einem Bruder aus der Bibel vorgelesen wurde. Gesprochen wurde nur im Parlatorium, welches im späten 15. Jahrhundert erbaut wurde und in dem heute noch die Reste der einst prachtvollen Deckenbemalung zu erkennen sind.

 

Leider werden zur Zeit im Herrenrefektorium, der Speisesaal der Mönche, Renovierungsarbeiten vorgenommen. Deswegen war es nicht möglich, Fotos von dieser prachtvollen Halle zu machen. Dennoch bietet sie einige interessante Details, die es zu entdecken gilt. Sie wurde genau so wie die Vorhalle der Kirche – das sogenannte Paradies – vom Maulbronner Baumeister in einer besonderen architektonischen Überfangsform zwischen Romanik und Gotik gebaut. So sind die Bögen und Stützpfeiler zwar noch deutlich schwerer als es später in der hochgotischen Bauweise üblich war, jedoch streben sie bereits in schmalen Bögen hoch hinauf und enthalten filigrane Zierelemente.

 

 

Außerdem kann man im Herrenrefektorium die ehemalige Durchreiche zur ehemaligen Küche erkennen. Eine Legende, die noch heute erzählt wird, zeigt auch, dass die Regeln des Ordens zwar streng, die Mönche aber erfinderisch waren, um diese zu umgehen und sich somit doch ein bisschen mehr Luxus in ihrem alltäglichen Leben zu gönnen.

So wird erzählt, dass die berühmten Maultaschen -mit Fleisch gefüllte Teigtaschen – aus Maulbronn stammen sollen. Es war den Mönchen bis auf wenige Ausnahmen verboten, Fleisch zu essen. Deswegen versteckten die erfinderischen Köche das Fleisch in den Teigtaschen, welches der Herrgott so nicht sehen konnte. Deswegen werden sie im schwäbischen Raum auch bis heute noch Hergottsbscheißerle genannt.

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Kapitell im Kreuzgang

Solche Geschichten darf man natürlich nicht zu ernst nehmen, doch es gibt noch weitere erheiternde Legenden, die sich um Maulbronn ranken. So auch die Geschichte über die Gründung des Klosters.

So soll der Name des Kloster wohl daher rühren, dass die Mönche, die vom Kloster Neuburg ausgesandt wurden um einen geeigneten Platz für das von Walter von Lomersheim gestiftete Kloster zu finden, ein Maultier mit Gold beluden und es mit einem Segensspruch bedachten. Nun sollte das wackere Tier den geeignetsten Ort für den Klosterneubau finden. Es lief munter von dannen und machte erst an der Stelle des heutigen Brunnenhauses halt. Dort scharrte es mit den Hufen im Boden und legte so den Quell für den heutigen Brunnen frei. Da wussten die Mönche, dass sie den richtigen Ort gefunden hatten.

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Der „Gründeresel“ von Maulbronn

Natürlich wissen wir heute, dass sich Tierlegenden im Mittelalter großer Beliebtheit erfreuten. So erzählt beispielsweise die Entstehungslegende des Altenberger Domes fast dieselbe Geschichte. Die Mönche, die sich nicht entscheiden konnten wo ihr neues Gotteshaus gebaut werden sollte, schickten sodann ihren Klosteresel los, damit dieser die beste Stelle finden sollte. Als dieser sich nach langer Suche endlich friedlich ins Gras niederlegte, hatten sie den richtigen Ort gefunden. Diese Legenden sind wohl unterhaltsame Geschichten, die im 12. und 13. Jahrhundert schlichtweg „en vogue“ waren. Vergleichbar sind sie in etwa mit den Gründungsgeschichten großer IT-Unternehmen und Erfolgsbands aus den 80ern und 90ern, die zufälligerweise alle in Muttis Garage ihren Ursprung fanden.

Dennoch lohnt sich ein Blick auf den mythenumrankten Maulbronner Brunnen. Nicht nur ist das Brunnenhaus, welches in den Garten des Kreuzganges hineinragt, ein wunderschöner Blickfang, auch ist die feine Rötelmalerei am Deckengewölbe ein absoluter Hingucker. Hier findet sich auch die Entstehungsgeschichte in Form eines Bild des Maultieres wieder. Der Fachwerkaufsatz auf dem Haus stammt vermutlich aus dem frühen 17. Jahrhundert.

 

Der Brunnen in seiner heutigen Form existiert erst seit dem 19. Jahrhundert. Das untere Becken, eine massive Steinschale, stammt wohl noch aus der Erbauungszeit der Brunnenkapelle im 13. Jahrhundert. Das obere Becken stammt aus dem Spätmittelalter und gehörte ursprünglich zu einem anderen Brunnen. Als das Kloster im 19. Jahrhundert restauriert wurde, glaubte der verantwortliche Landeskonservator, dass die Schale ursprünglich zum Originalbrunnen gehörte und ließ diese kurzerhand abmontieren und wieder auf den alten Brunnen setzen. Dabei wurde die mittlere Schale als Ergänzung konstruiert und stammt aus dem 19. Jahrhundert. Später stellte sich allerdings heraus, dass die obere Schale tatsächlich nicht zum ursprünglichen Brunnen gehörte und die Schale auf das 15. Jahrhundert datiert. Dennoch wurde diese Form des Brunnens beibehalten.

Wir könnten natürlich noch weiter berichten, über die schönen Fachwerkhäuser aus der frühen Neuzeit, welche sich auf dem Klostervorhof befinden, oder über das Pfrundhaus, welches heute nur noch eine Ruine ist. Doch dieser Artikel ist schon sehr lange, und andere haben wahrscheinlich schon genug über die Besonderheiten des Klosters geschrieben. Dennoch wollten wir Euch unsere persönlichen Highlights nicht vorenthalten und möchten Euch am Schluss noch ein paar visuelle Höhepunkte zeigen, welche Ann – die an diesem Tag unsere Fotografin war – festgehalten hat.

– Laura